Montag, 24. Dezember 2007

Veranstaltungshinweis und Weihnachtsgrüße

Folgende Nachricht von Andrea Harnisch möchte ich den Lesern nicht vorenthalten, auch von mir herzliche Weihnachtsgrüße und alle guten Wünsche für 2008!


Liebe Forscherfreunde und -freundinnen,

das zweite Licht ist angezündet und Weihnachten naht mit Riesenschritten. Da heute gemeldet wurde, der Einzelhandel wäre mit dem Umsatz unzufrieden, hege ich die Hoffnung, daß einige von Euch den ganzen Rummel boykottieren und sich anstelle dessen ein wenig vorweihnachtliche Besinnlichkeit bewahren.

Ich möchte Euch und Ihnen allen eine stimmungsvolle Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest wünschen. Kommt gut hinein ins Schaltjahr 2008!

Wer Lust hat, dem bietet sich gleich am Anfang des neuen Jahres ein Wiedersehen mit Forscherfreunden im Vogtland. Wie schon im vergangenen Jahr, habe ich am Sonnabend nach Epiphanias (dem "Erscheinungsfest") eine Kaffeetafel im Gasthof "Goldene Höhe", direkt an der Autobahnabfahrt Treuen (A72) bestellt. Ursprünglich entstand dieses "Wintertreffen" für die, die in der Nähe wohnen und einen kurzen Weg haben, aber vielleicht ist ja doch der oder jener gerade im Vogtland auf Urlaubstour. Es gibt kein Programm, aber jede Menge Zeit, Erfahrungen auszutauschen.

Wer also Lust hat, ist willkommen am 12.01.2008, ab 14.00 Uhr, in der "Goldenen Höhe". Es könnte allerdings eng werden, falls sich zu viele Teilnehmer melden. In diesem Falle müßte ich schnellstens noch auf einen größeren Raum (an einem anderen Ort) umdisponieren. Bitte gebt mir deshalb möglichst noch vor den Feiertagen eine kurze Rückmeldung, wer kommen möchte.

Vorschau: Die Jahrestagung soll am 07.06.2008 stattfinden, nach derzeitigem Planungsstand in Kürbitz. Die Einladungen ergehen dazu wie üblich Ende April / Anfang Mai.

Herzlich grüßt Euch
Eure Andrea Harnisch vom Arbeitskreis "Vogtländische Familienforscher"


Nu schwebt dr Frieden runter, die helle, stille Nacht.
As jeden Haisel funkelt de Tannebeimlepracht.
E Muestmoa hölt sei Lichtel - staa-alt, der grüne Zwarg. -
Mei ganze Vueglandhaamet is heit e Weihnachtsbarg.
(Erich Thiel)

Donnerstag, 4. Oktober 2007

Kirchenbuch virtuell - die Zukunft hat begonnen

In verstaubten Folianten blättern, sich durch alte Aktenbündel wühlen, ehrfurchtsvoll die schon brüchigen Seiten betasten , den Geruch von Jahrhunderte alten Papier riechen - Genealogie lässt sich mit allen Sinnen spüren.

Etwas steriler kommt Kirchenbuch virtuell daher, statt ledergebundene Bücher gibt es Bits und Bytes. Mit unheimlichen Fleiß haben es sich die Autoren dieser Seite zum Ziel gesetzt, die Kirchenbücher und andere genealogische Quellen des Kirchenbezirkes Bayreuth eizuscannen, auszuwerten und in digitaler Form auzubereiten. Da Der Kirchenbezirk direkt an das sächsische Vogtland angrenzt, will ich gerne darüber berichten.

Bisher sind über 17.000 Personen in die Datenbank eingepflegt worden, mehr als 80 Bücher sind als Scanns zugänglich und auch einige Familienbücher wurden aufgenommen.


Das Projekt habe ich schon längere Zeit verfolgt, bin aber jetzt erst wieder durch Zufall darauf gestoßen. Auf der Suche nach "meinen Gunzenern" führte mich google zur Datenbank der Bayreuther Kirchenbücher. Dort taucht auf: Niclaus Rudhardt, angehender Bürger und Bäcker zu Weidenberg, Sohn des verstorbenen Paulus Rudhardt, Richter im Vogtland zu Gunzen, einem Dorf zum Städtlein Adorf gehörig. Nicolaus - wie er am 6. Juni 1626 bei seiner Taufe im Kirchenbuch von Schöneck vermerkt ist - heiratet am 14. Januar 1656 in Bayreuth (die Heirat ist im Kirchenbuch Schöneck nicht vermerkt) die Hofschneiderstochter Helena Engelmann. Wer hätte das gedacht...?!

Montag, 2. Juli 2007

René Gränz - Genealogische Quellen online

Liebe Familienforscher,

im Namen des Projektteams darf ich mitteilen, dass ab sofort das Gemeinschaftsprojekt von ehrenamtlich wirkenden Familien- und Heimatforschern "www.webgenealogie.de - Genealogische Quellen in Sachsen (GQS) = Regesten online durchsuchbar" an den Start gegangen und weltweit
verfügbar ist.

Wir haben gemeinsam in den zurückliegenden drei Monaten ein komplett neues genealogisches und für den Nutzer kostenfreies Angebot auf den Markt gebracht. Dieses ist gleichermaßen interessant für Heimat- und Familienforscher. Erstmals sind genealogische Quellen wie Gerichtsbücher, Ahnenlisten, Steuerlisten als Regesten online verfügbar und nach Namen, Orten und Quellen durchsuchbar.

Wir starten unser Projekt mit folgenden Quellen:

Gerichtsbuch: Schöppenbuch Rottluff (heute Chemnitz) 1584-1660
Gerichtsbuch: Gerichtsbuch Limbach (heute Limbach-Oberfrohna) 1552-1580
Gerichtsbuch: Nordwestsächsisches Bauernarchiv, vorwiegend Bereich Leipzig-Leisnig
Gerichtsbuch: Regestensammlung
Ahnenlisten: Diverse

Weitere Quellen sind bereits in Vorbereitung.

Nachdem der erste wichtige Schritt getan ist, wird dieses Projekt nur fortdauernd Bestand haben, wenn es uns gemeinsam gelingt, weitere Familien- und Heimatforscher für dieses Projekt zu interessieren und einzubinden. Hier hoffe ich auf Eure tatkräftige Unterstützung, indem Ihr diese Mitteilung an befreundete Familien- und Heimatforscher, Mailinglisten etc. weiterleitet um auf das Projekt aufmerksam zu machen. Vielleicht wollt Ihr auch selbst am Projekt mitwirken, indem Ihr vorhandene Quellen zur Verfügung stellt, Quellen transkribiert oder, oder, oder ...

Wir wünschen viel Erfolg bei der Nutzung der Datenbank und viele Funde im Sinne des gemeinsamen Hobby's, der Familienforschung.

Rückfragen und kritische Anmerkungen beantworten wir gern. Bitte sendet entsprechende Anfragen an team[at]webgenealogie.de. Weiterhin gilt auch hier: Seid Ihr zufrieden, sagt es bitte weiter. Seid Ihr unzufrieden, sagt es bitte uns.

Mit freundlichem Gruß aus Dresden

Im Namen des Projektteams (Eva-Maria Jülich, Chemnitz; Dagmar Linsel, Dieblich; Angie Talby, Neuseeland; Detlef R. Papsdorf, Hungen; Christian Winkler, Düsseldorf)

René Gränz


Kontakt:
René Gränz,
PF 280214, 01142 Dresden
Funk: 0162/1 76 53 55

e-Mail: rgraenz[at]gmx.de
http://www.graenz.name

Samstag, 23. Juni 2007

Söldnerleben im Dreißigjährigen Krieg

Im Kirchenbuch von Schöneck finden sich zahlreiche Zeugnisse der Ereignisse, die im Dreißigjährigen Krieg über die Bewohner hereinbrachen. So wurde 1628 Christoph Ernst Spranger auf dem Weg nach Graslitz von Soldaten erschossen und ausgeraubt, der entsprechende Kirchenbucheintrag lautet:

Der Christoph Ernst Spranger ein kramer in Marck, welcher im waldtt na Greßlas vom .3. Soldaten feindtselig angegroffen, erschossen worden, vnd darnach die wahr von hals gerissen, v. damit endtloffen.

Nachdem Johann Georg I. von Sachsen 1631 mit den Schweden ein Bündnis schloß, rückten die Truppen Wallensteins in Sachsen ein. Das Vogtland wurde dabei besonders schwer getroffen, Adorf, Oelsnitz, Markneukirchen und Schöneck wurden eingenommen und ganz oder teilweise zerstört. Der Forstmeister Georg Geyer berichtet, dass am 13. Juni 1632 um 9 Uhr Vormittags etwa 60 - 80 Reiter vor der Stadt erschienen, woraufhin sich ihnen die schlecht bewaffneten Verteidiger entgegenstellten. Bereits im ersten Ansturm drangen die Angreifer in die Stadt ein und steckten diese in Brand, die Fliehenden wurden "vorgehauen, dieselben etliche niedergeschoßen, gehauen wie dann auch etliche Schönecker, so dageblieben, todt, etliche tödlich verwundet im Stiche blieben" [1]. Das Kirchenbuch nennt für diese Tage:

Iunius
14. Der Hans Döler ein wagner von Reichenbach, neben einem anderen so den 13 Iunius sind erschossen worden
15. Thomas Götz, Girg Schum beyde in Marck neben Girg Bon von Elsterberg und Girg Jung Händell von Reichenbach, so alle erschossen worden
16. Einer von Waldkirchen so die nachbarn selbsten begraben.
18. Simon Harsscher von Meschwitz so den 13 Iunius von keisserischen kriegsvolk auch erschossen worden

Insgesamt werden im Kirchenbuch somit acht Personen erwähnt, die in diesen Tagen umkamen, allerdings lediglich zwei Schönecker.

Während über die Geschichte der Städte und wichtiger Persönlichkeiten vergleichsweise viel Material vorhanden ist, bleibt das Leben der beteiligten Soldaten zum größten Teil im Dunkeln. Die wenigen, die überlebten und in ihre Heimat zurückkehrten, hinterließen meist nichts, was über ihre Erlebnisse Auskunft geben könnte. Als Soldaten nennt das Kirchenbuch:

1636 Hanß Schmidt aus Adorf:
anitzo ein Soldat, Vntter dem fürstl. S: Volck, auch Vntter dem H HaubtMann Horn

1670 Zacharias Schrader, weiland Wachtmeister im Kriege, itzo Bürger in Buttelstedt (Thüringen)

Noch vor dem Kriegseintritt Sachsens wird erwähnt:
Veit Hüler, des langen Hansen Hülers sohn zu Eschenbach seines alters 21 ½ Jahr, ein böser muttwilliger bub von Jugent auf gewesen, kompt kranck von krieg anheim, da hat er auch bezahlen müssen

Einen interessanten Einblick in das Leben eines Söldners im Dreißigjährigen Krieg bietet das Tagebuch des Peter Hagendorf. Es ist fast vollständig erhalten geblieben und gibt Auskunft über seine Erlebnisse während der Jahre 1624 - 1629. Eine sehr empfehlenswerte Magisterarbeit darüber gibt es hier zum Download, ein Interview mit Prof. Dr. Jan Peters im mp3-Format kann hier nachgehört werden. Das ZDF produzierte über Hagendorf die Doku "Mit Gottes Segen in die Hölle", das entsprechende Buch ist hiererhältlich.

Nachtrag: GEO EPOCHE hat zum Buch "Ein Söldnerleben im Dreißigjährigen Krieg" von Jan Peters (Hrsg.) eine Buchvorstellung veröffentlicht und interessante Leseproben zum Download bereitgestellt (nach unten scrollen). Wer sich einmal in das Tagebuch von Peter Hagendorf einlesen möchte ohne die Fernleihe zu bemühen, hat jetzt Gelegenheit dazu.

Nachtrag 2: Nun konnte die Herkunft von Peter Hagendorf doch noch geklärt werden, Wikipedia schreibt:
Peter Hagendorfs Herkunft und das Taufdatum einer seiner Töchter konnten mittlerweile ermittelt werden. Im ersten Kirchenbuch (1629–1635) von Engelrod (heute Ortsteil von Lautertal im Vogelsberg) findet sich folgender Taufeintrag: „Eichelhain, Anno 1629, August 17., Elisabeth, Peter Hagendorffs, eines Soldaten von Zerbst Döchterlein ...“

[1] Zill, Günter: Die ehemalige Burgherrschaft Schöneck, 1999; S. 147

Sonntag, 10. Juni 2007

Buchvorstellung

Kurt Kauert – Vogtländisch-westböhmischer Geigenbau in fünf Jahrhunderten
Der Dreißigjährige Krieg brachte nicht nur Tod und Zerstörung über das Vogtland, sondern auch den Zuzug der Exulanten aus den habsburgischen Gebieten. Besondere Bedeutung für das Vogtland hat dabei die Ansiedlung von böhmischen Geigenbauern in Markneukirchen und Klingenthal, wo der Geigenbau in den nachfolgenden 150 Jahren zu höchster Blüte gelangte und der Gegend den „Titel“ Musikwinkel einbrachte.

Kurt Kauert hat zu diesem Thema eine kurzweilige Überblicksarbeit geschaffen, die alle wesentlichen Aspekte der Entstehung und Entwicklung des Geigenbaus in der Region darstellt und trotzdem nicht die nötige Tiefe vermissen lässt. Dargestellt werden das Vogtland während dem Dreißigjährigen Krieg, der Geigenbau im nahen Böhmen, der Aufbau und Niedergang der Innungen und vieles andere mehr. Wer tiefer in die Materie eintauchen will, dem seien die beiden Bände „Vogtländischer Geigenbau. Biographie und Erklärungen ab (bzw. bis) 1850“ von Bernhard Zoebisch empfohlen, die akribisch jeden Geigenbauer der gefunden werden konnte, beschreiben.

Zu dem Thema findet sich auch bei Wikipedia ein interessanter Artikel, der allerdings den geographischen Schwerpunkt Klingenthal hat.

Donnerstag, 31. Mai 2007

Wie kam es zur Gründung des Deutschen Papiermuseums 1957 ausgerechnet in Greiz?

Gastartikel von Frank Heinzig, Fockendorf

Der informierte Leser wird die Fragestellung leicht abtun, natürlich weil in Greiz seit mehr als 400 Jahren Papier gemacht wird! Aber damit allein ist die Frage nicht beantwortet, denn es gab in Deutschland mehr als 1.000 Papiermühlenstandorte und die erste Papiermühle Deutschlands nahm ihren Betrieb bereits 1390 in Nürnberg auf.

Zu den bedeutendsten deutschen wie auch internationalen Forschern auf dem Gebiet der Papiergeschichte und speziell der Wasserzeichenkunde gehört zweifellos der aus Südwestdeutschland stammende, 1872 in Schwetzingen geborene, Dr. Karl Theodor Weiß. Zunächst hatte er in Baden Baden eine Kariere als Jurist begonnen, mehr und mehr galt sein Interesse aber vorrangig den brotlosen Forschungen zur Papiergeschichte und seinen ständig wachsenden Sammlungen dazu. Nach dem I. Weltkrieg, er hatte sich gleich zu Beginn 1914 als Freiwilliger gemeldet, siedelte er mit seinen Sammlungen zu seiner Familie in das Schwarzwalddorf Mönchweiler bei Villingen um, in eine Hütte ohne fließendes Wasser, ohne Strom und mit nur einem beheizbarem Raum. Dort widmete er sich unter ärmlichsten Verhältnissen nun ausschließlich seinen Sammlungen und seinen Forschungen. Erst 1939 konnte er durch Vermittlung seines Sohnes, Dr. rer. pol. Wisso Weiß, eine wesentlich komfortablere Wohnung in Erfurt beziehen. Im Oktober des Jahres 1939 zog er mit seiner Ehefrau Josefine und seinen Sammlungen, die in mehr als 300 großen und kleineren Kisten verpackt waren und zwei Güterwaggons beanspruchten, nach Erfurt um, der eigentliche Hausrat benötigte nur einen kleinen Möbelwagen.

Ende März 1941 wandte sich Dr. Karl Theodor Weiß in einem Brief an die Greizer Papierfabrik und deren damaligen Eigentümer Felix Günther. Darin schreibt er:
„Verehrl. Papierfabrik Greiz. Sehr geehrter Herr Günther. Ich lese in den Zeitungen von dem dreihundertfünfzigjährigen Bestehen Ihres Werkes. Obwohl die erste Papiermühle schon zwei Jahre zuvor errichtet wurde, ist die Erteilung des ausschließlichen Privilegs doch als Grundlage für das Gedeihen der Anlage maßgebend. Ich habe daher auch das Jahr 1591 in meine Gedenktage zur Papiergeschichte aufgenommen. Sie kennen wohl die seit einigen Jahren im Altenburger Papierer erfolgten Stichproben aus diesem Regestenwerk, das bisher noch keinen Verleger hat finden können. Ich wäre Ihnen zu Danck verbunden, wenn ich den Festaufsatz von Herrn DR. Günther – Gießen mit Ihrer Werkzeitung „Kollergang“ erhalten könnte, um meine Fachsammlung zu vervollständigen. . . . Gerne bin ich bereit Ihnen gelegentlich auf Wunsch auch einen Beitrag für Ihre Werkzeitung mit oder Ohne Abbildungen zur Verfügung zu stellen. . . .
Erfurt, Epinaystr. 22
32. März 1941 Dr. Weiß“

Es ist kein Versehen des Verfassers, Karl Theodor Weiß hat als typischer zerstreuter Gelehrter tatsächlich neben anderen kleinen Fehlern als Datum den 32. März angegeben.

Dieser Brief war der Beginn eines regen Briefwechsels zwischen Karl Theodor Weiß und Felix Günther, der dann bis zum Tod des ersteren, am 12. Mai 1945, fortgesetzt worden ist. Zusammen mit weiteren Briefen, unter anderem von Alfred Schulte, dem Leiter der Forschungsstelle Papiergeschichte in Mainz, von Dr. Hans H. Bockwitz, dem Direktor des Deutschen Buch- und Schriftmuseums in Leipzig und von Armin Renker, dem Besitzer der Papierfabrik Zerkall bei Düren und Obmann des Ausschusses für Papiergeschichte und Wasserzeichenkunde im Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker und –Ingenieure, ist diese Korrespondenz, bestehend aus insgesamt 93 Briefen und Aktennotizen, nach 1948 im Archiv der Greizer Papierfabrik deponiert worden und in Vergessenheit geraten. 1994 hat man das Archiv aufgelöst und das Material in verschiedenen Räumen der Fabrik untergebracht, die weder gebührend gesichert waren, noch ausreichend Schutz vor schädigenden Umwelteinflüssen boten. In einem dieser inzwischen unverschlossenen Räume befanden sich noch 1999 erhebliche Mengen dieses Materials, teilweise durchnässt, partiell verschimmelt und zum Teil bereits zerfallen. Am Fußboden lag in einer Wasserlache unter anderem ein verschnürtes Bündel Akten, dessen oberstes Blatt mit Schreibmaschine in Frakturschrift beschrieben war. Diese Schrift deutete auf Karl Theodor Weiß hin, der eine solche Schreibmaschine benutzt hatte, deshalb nahm der Autor das Bündel an sich, es war die besagte Korrespondenz. Kurze Zeit später wurde das restliche Material als Müll entsorgt.


Am 4. Dezember 1943 schreibt Felix Günther an Karl Theodor Weiß folgendes:
„Sehr geehrter Herr Doktor!
Die Vernichtung so vieler wertvoller Sachen, die wir in diesen Tagen erleben müssen, läßt auch eine gewisse Sorge um Ihre wertvollen papiergeschichtlichen Sammlungen bei mir aufkommen. Es wäre jedenfalls sehr bedauerlich, wenn dieselben einem Luftangriff zum Opfer fallen würden. Ich weiß ja nicht, ob Sie bereits Vorkehrungen getroffen haben. um die Sachen in Sicherheit zu bringen, sonst aber würde ich mich bereit erklären, zu mindesten einen größeren Teil davon in meinen verhältnismäßig sicheren Gewahrsam zu nehmen. Ich habe sehr gute Kelleranlagen, die wahrscheinlich einem durchschnittlichen Angriff Widerstand leisten würden, und außerdem liegt mein Werk im Tal zwischen Bergen, so daß auch dadurch eine gewisse Gewähr geboten ist. Wenn es nicht so wäre, würde ich Ihnen nicht den Vorschlag machen. Ich glaube Ihnen aber aus bester Überzeugung heraus meine Kellerräume für die Unterbringung wenigstens eines Teiles Ihrer Sammlung empfehlen zu können.
Da Sie wohl großen Vorrat an altem Papier aber vielleicht keinen sehr großen an neuem haben, gestatte ich mir, Ihnen 2 Mappen noch einigermaßen gutes Briefpapier zu übersenden. Ebenso füge ich die letzte Nummer meiner Werkzeitschrift “Kollergang” bei, der Sie ja auch immer Interesse entgegen bringen.
Vielleicht interessiert es Sie, daß mein Bruder, Prof. Günther in Gießen, jetzt einen weiteren Teil der Güntherschen Firmengeschichte fertiggestellt hat. Ich werde mir später erlauben, Ihnen diese auch einmal zur Verfügung zu stellen.
Mit besten Grüßen [Unterschrift]“

Karl Theodor Weiß antwortete auf diese Anfrage zunächst nicht, sondern ein Fräulein Line Ebert schrieb am 21. Dezember 1943 wie folgt:
Sehr geehrter Herr Doktor!
Durch meinen öfteren Besuch im Hause Dr. Weiß, Erfurt Epinaystr. 22 erfuhr ich auch von ihrem großzügigen Ansinnen in ihrem Brief vom 9. Dez. und erlaube mir hierauf, Ihnen einige Fingerzeige zu geben. Herr Dr. Weiß sr. ist grundsätzlich bereit, von ihrem lieben Angebot Gebrauch zu machen. Aber wenn Sie Dr. Weiß persönlich kennen, werden Sie verstehen, daß es immer eines gewissen Anhiebs zur praktischen Verwirklichung bedarf, um dieses Vorhaben auszuführen. Daher habe ich mich auch persönlich bereit erklärt, Herrn Dr. Weiß an die Hand zu gehen, denn ich könnte es von meinem persönlichen Standpunkt aus nicht verantworten, wenn im Falle eines Angriffs solch wertvolle Sammlungen verloren gingen, ohne vorher jede Möglichkeit zur Verlagerung ausgenützt zu haben, zumal ich gerade hier in der Gauwirtschaftskammer mit diesem Referat der Ausweich- u. Reservelagerbildung beauftragt bin.
Herr Dr. Weiß will Ihnen ja noch persönlich schreiben, hoffentlich nicht erst, wenn es zu spät ist. Also verlagert ist bis jetzt noch gar nichts. Herr Dr. Weiß ist gegenwärtig mit der Aufstellung eines Verzeichnisses beschäftigt, aber was nützt dasselbe, wenn der Inhalt nicht realisierbar wäre. . . .“

Felix Günther antwortete darauf am 31. Dezember:
„Sehr geehrtes Fräulein Ebert!
Aus Ihrem Schreiben vom 21. d. M. habe ich ersehen, daß Herr Dr. Weiß bereit ist, einen Teil seiner papiergeschichtlichen Sammlungen in Greiz unterzubringen und daß Sie evtl. die Überbringung übernehmen wollen. Ich habe Auftrag gegeben, zu untersuchen, ob sich eine Autogelegenheit bietet. Aber das ist heute sehr schwierig. Das eigene Auto kommt nicht infrage und eine andere Fahrtmöglichkeit wird sich erst im Laufe des Januar evtl. ergeben. Es ist nun die Frage, ob man das noch abwartet, damit Sie sich nicht zu bemühen brauchen.
Vielleicht ist es zweckmäßig, sich inzwischen schon mit der Registrierung und Verpackung zu befassen, vor allem auch eine genaue Bezeichnung und Nummerierung. Wenn Sie Kisten brauchen, könnte ich Ihnen evtl. einige zur Verfügung stellen, und ich bitte, mich zu unterrichten, was infrage kommt.
Ich werde Ihnen demnächst noch einmal Bescheid geben, ob Aussicht für eine Lastwagen-Gelegenheit vorhanden ist. Gegebenenfalls wird auch mein Prokurist Querfeld, der ab und zu in Weimar zu tun hat, mit Ihnen darüber sprechen bzw. von dort aus nach Erfurt mit kommen, um mit Herrn Dr. Weiß Rücksprache zu nehmen.
Bestens grüßend bin ich Ihr ergebener [Unterschrift]“

Am gleichen Tag schreibt Felix Günther zusätzlich noch einen Brief direkt an Karl Theodor Weiß mit ähnlichem Inhalt.

Am 11. Januar 1944 schreibt Line Ebert:
„Sehr geehrter Herr Doktor!
Im Nachgang zu meinem Schreiben vom 5.1. wegen der Verlagerung der Dr. Weiß´schen Sammlung teile ich Ihnen mit, daß Herr Dr. Weiß Ihnen sehr dankbar ist, wenn Sie ihm noch einige Kisten in der Größe von etwa 30 auf 50 cm u. einer beliebigen Höhe zur Verfügung stellen könnten.
Augenblicklich sind 3 Kasetten - Autographen - verpackt, an der Aufstellung des Verzeichnisses arbeite ich noch u. werde Ihnen nach Fertigstellung einen Durchschlag zugehen lassen.
Weiter wünscht Herr Dr. Weiß noch von Ihnen zu erfahren, wieviel Kisten er bereitstellen kann d. h. wieviel Platz Sie für ihn erübrigen könnten.
Bei irgendwelcher Rückfrage können Sie mir ruhig schreiben, ich fahre meist Samstag - Sonntag rüber nach Erfurt u. kann dann die Sache besprechen.
Seien Sie bestens gegrüßt von Ihrer Line Ebert“


Innerbetriebliches Schreiben von der Chefsekretärin Frau Fritzsche an Herrn Pammler vom 15. Januar 1944:
„Herr Pammler
An Herrn Dr. Weiß, Erfurt, Epinaystr. 22 sind auf schnellstem Wege und bei allererster Gelegenheit 4 Kisten zu senden, und zwar gefüllt mit Packmaterial. Die Kisten sind in der Geheimschreiberei abzuholen.“

Brief von Line Ebert an Felix Günther, geschrieben am 31. Januar 1944:
„Sehr geehrter Herr Doktor!
Haben Sie vielen Dank für Ihren Brief vom 24. Januar. Ich war nun nochmals am verflossenen Samstag in Erfurt und fand die Kisten vor. Leider hat sich aber in der Zwischenzeit eine Verstimmung mit dem Hause Dr. Weiss zugetragen, das mich meine Fürsorge für die Verlagerung beenden lässt. Ich stand nämlich mit Herrn Dr. Weiss jr. in engstem Verhältnis, das ich aber durch unliebsame Vorkommnisse seinerseits gelöst habe. Herrn Dr. Weiss sr. ist es daher sehr unangenehm, dass ich ihm nicht mehr an die Hand gehen kann und wird er nunmehr mit Ihnen selbst weiter wegen der Sicherstellung korrespondieren.
Ich danke Ihnen nochmals herzlichst für Ihre grosse Bereitwilligkeit und Geduld Herrn Dr. Weiss gegenüber und hoffe dennoch, dass im Interesse des Wertes der Sammlungen sich bald eine Sicherungsmöglichkeit bietet. . . .“

Brief von Felix Günther an Karl Theodor Weiß, geschrieben am 2. Februar 1944:
„Sehr geehrter Herr Dr. Weiß!
Von Frl. Ebert, Weimar, mit der ich bisher über die Sicherstellung eines Teiles Ihrer wertvollen geschichtlichen Sammlungen korrespondierte, wurde mir mitgeteilt, daß sie sich leider nicht mehr mit der Angelegenheit befassen könne.
Ich mache Ihnen nun folgenden Vorschlag. Nächste Woche werde ich Ihnen einen meiner Angestellten, Labormeister Patzer, der mit solchen Dingen sehr gut umzugehen weiß, hinschicken. Herr Patzer wird das Material fertig verpacken und teilweise in Koffern selbst mit zurücknehmen, teilweise als Passagiergut aufgeben, sodaß die nach menschlichem Ermessen beste Gewähr gegeben ist, daß die Sachen sicher hierher gelangen. . . . .“

Brief von Felix Günther an Karl Theodor Weiß, geschrieben am 18. Februar 1944:
„Sehr geehrter Herr Dr. Weiß!
Leider habe ich auf meinen Brief vom 2. Februar, in dem ich Ihnen anbot, einen zuverlässigen Mann zu Ihnen zu schicken, der Ihre geschichtlichen Sammlungen zweckmäßig für den Versand verpacken kann, nichts wieder von Ihnen gehört. Ich möchte Sie doch bitten, mir wenigstens eine Antwort darauf zu geben. Ich bemühe mich doch nur in Ihrem und im allgemeinen Interesse darum, daß die Sammlungen vor Vernichtung bewahrt werden. Es steckt doch darin Ihre Lebensarbeit, und ich würde es aufrichtig bedauern für Sie und für das ganze Papierfach, wenn die Dinge verloren gingen. Ich betrachte mich wirklich als einen aufrichtigen Freund Ihrer Arbeit und deshalb habe ich mich seit Wochen bemüht, eine Möglichkeit dafür zu finden, die Sammlungen nach hier zu bringen, wo ich sie sicher verwahren kann.
Jetzt bietet sich nun doch eine Gelegenheit, die Sachen in einem Lastwagen am 1. März hierher zu befördern. Dazu müßte allerdings dann alles gut verpackt und jederzeit abholbereit sein, da die Leute, die mit dem Wagen unterwegs sind, sehr wenig Zeit haben. Ich halte es deshalb für das richtigste, wenn ich Ihnen Herrn Patzer in der nächsten Woche hinschicke, damit er Ihnen bei der zweckmäßigen Verpackung behilflich sein kann. Er ist sehr geschickt und weiß genau, wie er so etwas am besten handhaben kann. Sie brauchen mir nur kurz zu schreiben, daß Sie damit einverstanden sind und ob Herr Patzer jederzeit oder an einem bestimmten Tag kommen soll.
Mit bester Empfehlung Ihr ergebener [Unterschrift]“

Brief von Felix Günther an Karl Theodor Weiß, geschrieben am 22. Februar 1944:
„Sehr geehrter Herr Dr. Weiß!
Die Sorge um Ihre Sammlungen läßt mich nicht los, besonders seit Erfurt mit Bomben belegt worden ist. Ich schicke nun, ohne Nachricht von Ihnen erhalten zu haben, meinen Labormeister Patzer zu Ihnen, der in jeder Weise zuverlässig ist und dem Sie das mitgeben wollen, was Sie für am wichtigsten halten und was er tragen kann. Glauben Sie mir, es ist wirklich nur die Sorge um Ihre für die Allgemeinheit so wertvollen Sammlungen, die mich veranlaßt, immer wieder in dieser Angelegenheit an Sie heranzutreten. Ich würde mir einen Vorwurf machen, wenn die Sachen verbombt würden.
Ich füge bei der Gelegenheit die letzte Nummer von meiner Werkzeitschrift “Der Kollergang” bei, die Sie vielleicht etwas interessieren wird.
Mit bester Empfehlung bin ich Ihr sehr ergebener [Unterschrift]“

Brief von Felix Günther an Armin Renker, geschrieben am 24. April 1944:
„Sehr verehrter Herr Renker!
. . . Und nun komme ich nochmal auf Ihr Schreiben vom 15. Januar zurück, in dem Sie mir über Dr. Weiß schreiben. Ich habe inzwischen eine Reihe von Kisten mit viel Mühe und Not hier nach Greiz geschafft und gut aufgehoben. . . .“

Brief von Felix Günther an Karl Theodor Weiß, geschrieben am 27. Mai 1944:
„Sehr geehrter Herr Doktor!
Zunächst möchte ich Sie darüber beruhigen, daß sich die mir von Ihnen in Aufbewahrung gegebenen alten Papiere noch unversehrt im Keller befinden und hoffentlich auch weiter durch den Krieg durchkommen werden, obgleich wir natürlich auch nicht vor Angriffen sicher sind. Jedenfalls tue ich mein Bestes, Ihnen die mir anvertrauten Teile Ihrer Sammlung zu erhalten. Bei der Gelegenheit möchte ich anfragen, ob Sie nicht noch mehr von den Papieren hier nach Greiz geben wollen, denn Erfurt ist doch zweifellos gefährdeter, besonders Ihr Haus. Wenn es der Fall ist, würde ich gern meinen Labormeister Patzer nochmal zu Ihnen schicken. . . . Wie mir Herr Patzer sagte, hat Ihnen der Syrup, von dem ich Ihnen einmal eine Büchse zugehen ließ, gut geschmeckt. Deshalb schicke ich Ihnen als Pfingstgruß nochmal eine größere Büchse, da ich gerade in diesem Material gut versehen bin.
Mit besten Grüßen und vor allem dem Wunsch auf recht baldige Besserung Ihres Gesundheitszustandes verbleibe ich
Ihr sehr ergebener [Unterschrift]“

Bespechungsprotokoll von Felix Günther mit Karl Theodor Weiß am 18. Juli 1944 in Erfurt:
„Besprechung mit Dr. Weiß, Erfurt 18.7.44
Dr. Weiß, der übrigens noch nicht so alt sondern erst 1872 geboren ist, befindet sich in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand, so daß er kaum wieder aufkommen wird. . . .
Von seinen Privatsammlungen will Dr. Weiß evtl. noch mehr oder dieselben vollständig nach Greiz geben. Es handelt sich um rund 1000 Mappen, die vielleicht ein Gewicht von 5000 kg haben. Er bittet darum, daß große Kisten für die Mappen, die ein Format von 30x40 cm haben, gemacht werden. Da aber die Papiere teilweise überstehen, wäre eine Größe von vielleicht 40x50 cm ratsam. Ich glaube aber, daß ein Verpacken der Akten, vielleicht in starkes Papier, noch zweckmäßiger ist. Die Pakete werden dann auf einen Kraftwagen geladen und kommen auf diese Weise sicher nach Greiz.“

Brief von Felix Günther an Karl Theodor Weiß, geschrieben am 21. Juli 1944:
„Sehr geehrter Herr Doktor!
Von dem Besuch bei Ihnen, der unter Fliegeralarm stattfand, bin ich glücklich und rechtzeitig wieder in Greiz angekommen. Es war sehr gut, daß wir uns einmal gesprochen haben, habe ich doch manches interessante von Ihnen erfahren und konnte auch noch eine bessere Einsicht über Ihre Sammlungen gewinnen, daß dieselbe einzigartig ist, wußte ich ja bereits.
Wegen der Überführung der 1000 Mappen nach Greiz werde ich die entsprechenden Maßnahmen veranlassen. Am besten wird es doch sein, die Mappen in große Pakete in festes Packpapier oder Pappe zu verpacken und diese großen Pakete dann dch. Auto nach Greiz zu überführen, vielleicht nicht alle auf einmal, damit das Risiko der Fahrt nicht zu groß wird. Zu diesem Zweck werde ich demnächst wieder einmal Herrn Patzer zu Ihnen schicken, womit ich Sie einverstanden hoffe. Von dem weißen Druckpapier für Ihre Mappen lasse ich Ihnen heute ca. 1000 Bg. 35 x45 cm zugehen, während Ihre Bogen 29 x 45 cm messen, mein Papier ist also nach der einen Seite genau so groß, nach der anderen Seite 6 cm größer, und ich hoffe, daß es passen wird. Ferner füge ich ca. 500 weiße Karteikarten bei, wenn Sie mehr haben wollen, können Sie mehr haben, ebenso von dem Papier. Ein kleines Päckchen mit Eiern schicke ich gleichzeitig ab, und wenn Herr Patzer zu Ihnen kommt, wird er Ihnen auch etwas mitbringen, damit Sie recht bald wieder zu Kräften kommen und Ihre verdienstvolle Arbeit für das deutsche Papiergewerbe wieder aufnehmen können.
Auf die übrigen Punkte, die wir noch besprochen haben, komme ich dann später zurück und verbleibe inzwischen mit besten Grüßen und einer Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin, die Ihnen so treulich hilft,
Ihr sehr ergebener [Unterschrift]

Brief von Felix Günther an Karl Theodor Weiß, geschrieben am 29. Juli 1944:
„Sehr geehrter Herr Doktor!
Die 84 Mappen, die Herr Patzer eingepackt hat, sind glücklich in Greiz eingetroffen und im Lagerkeller gut untergebracht. Es ist schade, daß die Sendung nicht größer ist, denn bei den Angriffen auf Erfurt ist doch eine gewisse Eile geboten. Ich dachte, er würde wenigstens 300 Mappen mitbringen und das würde auch möglich gewesen sein, wenn Sie es nicht allzu genau mit dem Nummerieren usw. nehmen. Sie können doch überzeugt sein, daß von Herrn Patzer und mir alles so gewissenhaft wie möglich gemacht wird und daß nicht ein Stückchen Papier wegkommt. Herr Patzer hat zufällig wieder in Erfurt in anderer Angelegenheit zu tun und hat dabei vielleicht Zeit, wieder von den Mappen welche einzupacken, und die Arbeit wird auch noch dadurch gefördert werden, daß Herr Patzer noch einen Hilfsmann bei sich hat. Lassen Sie doch diese beiden Männer soviel als möglich zusammenpacken, damit die Mappen fertig dastehen und bei erster Gelegenheit mit dem Auto abgeholt werden können. . . .“

Reisebericht von Ernst Patzer an Felix Günther, geschrieben am 2. August 1944:
„Herrn Dr. Felix Günther.
Reisebericht betr. Erfurt am 31.7. - 2.8.44.
. . . Anschließend besuchte ich dann Dr. Weiß und habe mich mit ihm noch mal ausgesprochen über die Akten. Am 1.8. haben wir dann gleich angefangen mit den Akten zuverpacken Herr Dr. Weiß hat sie notiert und ich habe ausgezählt. Sein Schlafzimmer habe ich nun vollständig leer gemacht es sind ca. 500 Mappen welche wir baldmöglichst nach Greiz bringen müssen. . . .“

Brief von Felix Günther an Hans H. Bockwitz, geschrieben am 21. Dezember 1944:
„Sehr geehrter Herr Doktor!
Aus Ihrem Schreiben vom 16. Dezember ersehe ich, daß die Notiz über die Waweitmühle in meiner Werkzeitschrift Ihre Aufmerksamkeit gefunden hat. Die Unterlagen für diese Mitteilung habe ich von Herrn Dr. Weiß persönlich erhalten, und er hat auch meine Veröffentlichung gebilligt. Ich würde über die von Ihnen angeregten Fragen mit Herrn Dr. Weiß gerne persönlich sprechen, nur komme ich in nächster Zeit wahrscheinlich nicht nach Erfurt, vielleicht aber kann ich es durch einen Beauftragten von mir tun lassen, der möglichst den Rest der Weiß´schen Sammlung nach Greiz bringen soll; den größten Teil habe ich bereits untergebracht, denn dort in Erfurt war es doch zu unsicher und ich hielt es für notwendig, diese doch für die Papiergeschichte sehr wertvolle Sammlung irgendwie zu sichern, soweit es natürlich heutzutage überhaupt möglich ist. Über diese Angelegenheit habe ich auch mit Herrn Armin Renker korrespondiert, der übrigens in nächster Zeit einmal hierher kommen wird, da ich auch von ihm einen Teil Sachen aus seiner im Kriegsgebiet liegenden Fabrik und Wohnung hierher genommen habe. . . .
Mit bester Empfehlung verbleibe ich Ihr sehr ergebener [Unterschrift]“

Brief von Felix Günther an Wisso Weiß, geschrieben am 5. Januar 1945:
Sehr geehrter Herr Dr. Weiß!
Besten Dank für Ihre Wünsche zu Weihnachten und Neujahr, die gerade nach 4 Wochen eingetroffen sind! Ich wünsche Ihnen jedenfalls auf Ihrer weiteren militärischen Laufbahn alles Gute!
Von Ihrem Herrn Vater habe ich jetzt längere Zeit nichts gehört, ich will ihn aber in den nächsten Wochen einmal besuchen oder Herrn Patzer hinschicken, damit er sich einmal nach ihm umsieht.
In nächster Zeit kommt übrigens Herr Renker aus Zerkall hierher, denn er konnte dort nicht länger bleiben. Sein Betrieb und seine Wohnung liegen jedenfalls unter feindlichem Granatfeuer und sind vielleicht sogar vollständig zerstört. Als er flüchten mußte, war das Zerstörungswerk schon sehr weit fortgeschritten. Seine beiden Prokuristen habe ich auch schon bei mir aufgenommen. Vielleicht nimmt er dann auch einmal Gelegenheit, Ihren Vater mit aufzusuchen.
Ich würde gerne etwas Briefpapier beifügen, aber ich habe keine Marke dafür.
Greiz ist im allgemeinen bis jetzt von Luftangriffen verschont geblieben. Nur am 30. November wurden auf die Stadt etwa 80 Bomben geworfen und dadurch etwa 20 Menschen getötet und verschiedene Häuser zerstört; die Papiermühle ist aber intakt.
Mit besten Grüßen Ihr ergebener [Unterschrift]“

Innerbetriebliche Notiz vom 28. Mai 1945:
„Herr Dr. Günther hat auf seiner Fahrt nach Ilfeld am 23. Mai 1945 den Papiergeschichtsforscher Dr. Weiß in Erfurt mit besuchen wollen, hat aber nur noch seine Frau angetroffen, während Dr. Weiß am 22. Mai verstorben ist.“

Handschriftlicher Brief von Wisso Weiß an Felix Günther, geschrieben am 9. Juni 1945:
„Sehr geehrter Herr Direktor!
Am Mittwoch bin ich heimgekommen. Das Erste war, daß ich sofort das Dach einigermaßen reparierte, damit es nicht mehr hereinregnet. Nachdem ich nun die allerwichtigsten Gänge, die durch die Rückkehr bedingt sind, hinter mir habe, möchte ich Ihnen doch wenigstens ein Lebenszeichen zukommen lassen. Meine Mutter sagte mir, daß Sie kürzlich dagewesen sind. Wenn Sie das nächste mal wieder hier durchkommen, dann werde ich mit Ihnen über alles ausführlich sprechen können. Heute möchte ich Ihnen aber zunächst ganz herzlich danken für all die Mühe, die Sie sich zur Erhaltung und Sicherung der Sammlungen gemacht haben. Wie ich von meiner Mutter höre, sind die Sachen bei Ihnen gut erhalten und durch alle Fährnisse gut hindurchgekommen. Einstweilen müssen sie ja noch dort bleiben, bis die Transportmöglichkeiten besser sind. Ich habe einstweilen mit Ordnen und Sichten des väterlichen Nachlasses hier zu tun.
Mit recht freundlichen Grüßen u. besten Wünschen, auch von meiner Mutter
Ihr ergebener Wisso Weiß“

Am 17. November 1947 wurde Felix Günther verhaftet und in Gera als “Naziaktivist” zu einem Jahre und einer Woche Gefängnis verurteilt, ist aber dann erst nach 16 Monaten Haft entlassen worden. Nachdem sein Betrieb am 1. Juli 1948 enteignet worden war, begab er sich nach seiner Haftentlassung im März 1949 zu seiner Tochter nach Eisbergen, Kreis Minden. Er war dort weiterhin in der Papierindustrie und im Papierhandel tätig und starb 8. Februar 1952 im Alter von 80 Jahren.

Wisso Weiß übernahm schließlich das Erbe seines Vaters und suchte lange vergeblich dessen Idee vom Deutschen Papiermuseum zu realisieren, bis er 1957 seine Sammlung an die Stadt Greiz und damit an den Staat (DDR) verkaufte nun richtete man dort im Unteren Schloss das staatliche “Deutsche Papiermuseum” ein. Wisso Weiß wurde als Leiter dieses Museums eingesetzt. 1964 sind diese Sammlungen und damit das Deutsche Papiermuseum, nach Leipzig in das Deutsche Buch- und Schriftmuseum überführt worden, sie sind heute ein wesentlicher Teil der dortigen Papierhistorischen Sammlungen. Wisso Weiß wechselte ebenfalls nach Leipzig und übernahm die Leitung dieses Museumsbereichs bis er 1969 in den Ruhestand trat.

Frank Heinzig


Quellen:
Korrespondenzsammlung Felix Günther im Heimat- und Papiermuseum Fockendorf.
Ulman Weiß: Karl Theodor Weiß, Prolegomena zu einer Biographie.
Dr. Frieder Schmidt, DBSM Leipzig 2004: 100. Geburtstag von Dr. Wisso Weiß.

Montag, 28. Mai 2007

Teilprojekt 1 - Rekonstruktion Gunzen (Süd)

Rekonstruktion der zu Markneukirchen gehörigen Familien in Gunzen (Südseite)

Das um 1200 gegründete Dorf Gunzen ist in seiner Kirchenzugehörigkeit entlang des Eisenbaches geteilt, die Nordseite gehört ins Kirchspiel Schöneck, die Südseite in die Parochie Markneukirchen. Während die Kirchenbücher von Schöneck seit dem Beginn ihrer Führung 1593 lückenlos erhalten sind, existieren in Markneukirchen nur noch die Aufzeichnungen ab 1748/49. Die früheren Register wurden durch Feuer vernichtet. Nach Friedrich August Crasselt begann Pfarrer Peter Hochmuther 1572 das erste Taufregister und Nicolaus Hanold 1585 die Trau- und Todenregister [1]. Die Folge ist, dass die Taufen, Heiraten und Todesfälle der Familien auf der Südseite erst ab 1748/49 vorhanden sind.

Im Rahmen des Projektes Familienbuch Schöneck 1593 - 1750 wurde versucht die Südseite von Gunzen möglichst genau zu rekonstruieren (Stand Mai 2007: 1593 - 1708). In erster Linie wurden dazu die Patenschaften und Trauungen ausgewertet, es flossen aber auch Daten aus anderen Kirchenbüchern und Steuerlisten ein. Einen Überblick über die dadurch erreichten Ergebnisse in Genauigkeit und Vollständigkeit liefert der Vergleich mit vorhandenen Steuerlisten.

Das Schocksteuerregister 1628 [2] weist für Gunzen 31 Höfe mit 35 Familien aus, der Wert der Bauerngüter samt dazugehörigem Grund und Vieh betrug zwischen 26 und 11 Schock. Von den 35 genannten Personen können 33 im Kirchenbuch Schöneck gefunden werden, außerdem viele Ehefrauen und Kinder. Die Lebensdaten der Bewohner der Südseite können durch die Patenschaften und Trauungen nur sehr bedingt rekonstruiert werden, allerdings können in Einzelfällen genauere Daten ermittelt werden. So ist Catharina Eichhorn, die Frau von Michael Eichhorn, am 31. August 1673 Pate bei Hans Pragers Tochter Magdalena. Bei der Trauung seines Sohnes Johannes 1675 ist er dagegen nicht mehr am Leben, er muss also zwischen August 1673 und der Heirat von Johannes Eichhorn 1675 verstorben sein.

Ein weiteres, interessantes Beispiel für die Rekonstruktion einer Familie bilden die Müller in Gunzen. Die Mühle liegt auf der Südseite des Dorfes und ist damit nach Markneukrichen gehörig. Der erste bekannte Nachweis der Mühle stammt aus dem Landsteuerregister 1583 und nennt Jobst Jorumb als Müller. Der Name Joram oder Goram kommt in verschiedenen Varianten auch in umliegenden Dörfern vor.

Die früheste Erwähnung eines Gunzener Müllers im Kirchenbuch Schöneck findet sich 1628, in diesem Jahr ist Michel Gorramb Müller und sein gleichnamiger Sohn Pate bei Girg Fickers Kind (Tf. 1628/39). Dieser heiratet um 1630 Dorothea und wird zwischen 1643 und 1662 als Müller genannt. Von ihm können fünf Kinder nachgewiesen werden, drei davon nur über Patenschaften. Sein Sohn Adam heiratet 1663 Elisabeth Gieter aus Gunzen und erst dessen Sohn Adam wird im Kirchenbuch Markneukirchen erwähnt. Damit konnten, ohne dass Kirchenbücher in Markneukirchen vorhanden sind, drei weitere Generationen ermittelt werden.

Diese Beispiele zeigen sehr deutlich, dass die vollständige Auswertung der Kirchenbücher, über die üblichen Daten für Taufe, Trauung und Begräbnis hinaus, auch als wertvolle Ergänzung bekannter genealogischer Daten angrenzender Kirchspiele dient.

[1] F. A. Crasselt: Versuch einer Chronik von Markneukirchen, Schneeberg 1821

[2] HaStA Dresden, 10040, Obersteuerkollegium, Rep. Ia Nr. 36

Sonntag, 20. Mai 2007

Projektvorstellung Familienbuch für das Kirchspiel Schöneck

Heute will ich die Gelegenheit nutzen und mein erstes Projekt vorstellen. Arbeitstitel: "Familienbuch für das Kirchspiel Schöneck 1593 - 1750"

Das Kirchspiel der ev.-luth. Kirche St. Georg umfasst neben der Stadt Schöneck die Dörfer Eschenbach, Schilbach mit Schäferei Erlich, Kottenheide, Muldenberg, Gunzen (Nordseite), Oberzwota, Zwota (bis 1840), Klingenthal (bis 1635), Untersachsenberg (bis 1646) und alle anderen Orte um Klingenthal bis 1672.
Klingenthal und die umliegenden Dörfer wurden erst ab 1591 mit Gründung des Hellhammers besiedelt. Der lange Weg bis nach Schöneck veranlasste die Familie Boxberger jedoch dazu, um Erlaubnis zur Auspfarrung des Ortes nachzusuchen. Schon 1628 legte man einen eigenen Friedhof an, um den beschwerlichen Transport der Verstorbenen nach Schöneck zu sparen. Im Jahre 1635 wurde schließlich das Kirchspiel Klingenthal gegründet, das 1653 eine eigene Kirche bekam und nach und nach schlossen sich immer mehr der umliegenden Dörfer an. Die Auspfarrung von Zwota (ohne Oberzwota) sollte noch bis 1840 dauern.

Das erste Kirchenbuch von Klingenthal 1635 - 1695 ist leider nicht erhalten, so dass auch bekannte Daten aus diesem Zeitraum mit in das Familienbuch einfließen. Ortsfremde Personen werden gesondert erfasst, Patenschaften den jeweiligen Paten zugeordnet.

Die Kirchenbücher von Schöneck beginnen 1593 und sind lückenlos vorhanden, lediglich vereinzelte Einträge sind nicht mehr lesbar. Angelegt wurde das Register von Caspar Olza, der 1593 sein Wirken in Schöneck begann und 1595 nach dem Tod seines Vorgängers Nicolaus Steinmüller Pfarrer wurde. Auf den ersten Seiten ist zu lesen, dass Pfarrer Marbach das Buch in schlechten Zustand vorfand, die Seiten daraufhin ordnen und binden ließ. Der Einband wurde nochmals in den 1930er Jahren erneuert.

Caspar Olza beginnt das Kirchenbuch auf der ersten Seite mit folgenden Worten:
Kirchen Register
Der Kirchen sanct Georgen zu schöneck


Angefangen, und propagirt durch den Ehr„
würdigen, und wollgelahrten herrn Casparum
Olza, der zeitt verorndten pfarherrn,
und den Erbaren, und wollweisen herrn
Andrean Tagk burgermeistern, Micha„
ell pötzschern, und Georg schmirlern
beyde vorsteher, und Gottsväter zu
schöneck.

Im Jhar nach Iesu christi unseres Erlösers geburtt
1 5 9 4.
Den 22 Aprilis.

Es ist aber vor dessen von meinen herrn Antecessoribus
kein Register in nirgent gehalten worden, dz ich also
keinen buchstaben zur nachrichtigung gefunden hab,
ohn allein was ich unwürdiger mit Wissen, und willen
Eines Erbaren, und wollweisen Raths angefangen, Gott helfe
mit guter gesundtheitt, und langen leben solchs zu
compliren.

Wie Olza schreibt, ist kein älteres Register überliefert, obwohl bei Amtsantritt Steinmüller 1563 die Führung entsprechender Bücher bereits verbreitet war. Eine etwas umfangreichere Beschreibung findet sich auf der nächsten Seite.

Kirchen Register
Waß vor personen in meiner befholenen
Kirch zu schöneck von Anno 1594 an
und ferner (da mihr der getrewe gott, das
leben, und die gnadt zu meinen seelsorger verleih„
en wirt) Ehelich worden sindt, gestorben, und da
gegen widerumb kinder geboren, und in meiner
befohlenen Kirchen getaufft, wz aber fur
personen zum h. und hochwirdigen
sacramentius gegangen hab ich in
ein ander register verzeugnet.

Weil ich aber von meinen herrn Antecessore, herrn Nicolao Steinmüller kein Kirchen„
register hab bekommen noch finden können, dz man also von alters hero eine
nachrichtigung, der pfarkinder haben möchte, al hab ich Caspar olza der
Jungere, der zeit unwirdiger pfarrer zu schöneck, mit willen eines Er„
barn Raths und gantzen gemein diß buch binden lassen darrin aller„
ley nachrichtigung der Kirchen verzeignet werden soll, dz man also
uber viell Jhare eine gewisse nachrichtigung finden möge. Der allmechtige
gott gebe mihr nuhn seine gnadt und heilig geist, dz ich sein heiliges
ampt darein ich unwirdiger gesezett bin, mag örndtlich, christlich,
gottseligk, nutzlich, und fruchtbarlich vollfuhren. Amen.

Caspar Olza, oelsnicensis

Leider hat sich das Register der Abendmahlsteilnehmer nicht erhalten, überhaupt ist aus Olzas Wirkungszeit im Pfarrarchiv einzig noch ein Register über Wachs-, Erb- und Kirchenzinsen, sowie ausgeliehenes Kapital vorhanden. Allerdings sollte das nicht weiter verwundern, Schöneck brannte in seiner Geschichte mehrmals nieder, so geschehen 1632, 1680, 1761 und 1856 [1]. Die Wohnhäuser der Stadt wurden in Holzbauweise errichtet und waren mit Schindeln gedeckt, so dass jedesmal die gesamte Stadt den Flammen zum Opfer fiel.

Wilhelm Dillich, Schöneck im Jahre 1628
a) Kirche St. Georg, b) Jagdschloß, c) Burganlage

Nach dem Brand 1632 hausten die Bewohner in Erdhöhlen im umliegenden Wald, da sie sich aus Angst vor den kaiserlichen Truppen nicht in die Stadt trauten. Wichtige Papiere wie die Stadtrechtsurkunde trug der Bürgermeister "in Rantzen auffm rücken mit sich herumb" [2], möglicherweise tat es ihm Pfarrer Olza mit dem Kirchenbuch und anderen Dokumenten gleich. Bereits Pfarrer Johann Ernst Marbach scheinen beim Verfassen seiner 1731 gedruckten Chronik [3] im Wesentlichen nicht mehr Quellen aus dem Pfarrarchiv vorgelegen zu haben, als uns heute.

Die Kirchenbuchführung nach Olzas Tod 1634 übernahm während der Amtszeit von Pfarrer Zacharias Adler (1600 - 1658) der Stadtschreiber Christian Weissenhoff (1589 - 1660). Es folgt 1658 - 1692 Andreas Crusius aus Teuchern und 1692 - 1697 sein Sohn Georg Andreas Crusius. Johann Adam Müller aus Zittau schließlich tritt 1698 sein Amt an und bleibt bis zu seinem Tod 1721 Pfarrer in Schöneck.


Aktueller Stand Familienbuch:
Daten vollständig erfasst 1593 - 1725





[1] Bannert, Harald: Der große Brand von Schöneck, 2006

[2] Zill, Günter: Die ehemalige Burgherrschaft Schöneck, 1999; S. 148

[3] Marbach, Johann Ernst: Das in der Freiheit lebende Schöneck, Schneeberg, 1731

15. Jahrestreffen der "Vogtländischen Familienforscher" am 16. Juni 2007

Im "Landhotel Altjocketa" (Gem. Pöhl) ab 10.30 Uhr

Liebe Familienforscher und -forscherinnen, liebe Vereinsfreunde und Freunde des Arbeitskreises,
wie versprochen, soll es dieses Mal kein großes Redeprogramm, sondern ein anregendes Gespräch in lockerer Runde geben. Die Teilnehmer sind herzlich eingeladen, originelle oder kuriose Funde aus ihrer Forschung vorzustellen:

"... ein Findelkind, welches auf der Mauer neben dem grünen Thor ist gefunden worden ..."

Außerdem sollen vorgestellt werden:

Alte und neue Quellen rings um den Pöhler Stausee

dazu:
Herbert Steinmüller: Zum Bearbeitungsstand der Häuserbücher von Pöhl, Jocketa, Neudörfel, Möschwitz, Helmsgrün/Rodlera und Trieb/Barthmühle
Andrea Harnisch: Kirchenbücher Altensalz und Pöhl bis 1780

Mittagessen im Gasthof, am Nachmittag weiterer Forschungsaustausch

Für alle, die schon früher da sein können, besteht bereits am Freitag, dem 15. Juni, ab 18.00 Uhr die Möglichkeit zur familienkundlichen Fachsimpelei.

Wie immer, sind alle Interessierten und Gäste herzlich willkommen. Für eine Teilnahmemeldung, per Postkarte, Mail oder Telefon, wäre ich dankbar.

Bis bald in Jocketa!

Eure Andrea Harnisch im Namen des Arbeitskreises


Sonstige Hinweise:

„Das Schwarze Brett“ -

Knapp und präzise formulierte Suchanfragen in übersichtlicher Form auf einer DIN-A4-Seite können ausgehängt und/oder verteilt werden.
Bitte Kontaktadresse/Telefonnummer nicht vergessen und mir (möglichst mehrfach kopiert) per Post zustellen oder mitbringen.

Bücherecke

Wer sich von genealogischen oder heimatgeschichtlichen Werken trennen möchte, kann diese gern auslegen und den Forscherfreunden anbieten.

Anfahrt:

per Auto:

A 72, Abfahrt Treuen,
Richtung Talsperre Pöhl

per Bahn:

Der Tagungsort ist zu Fuß von den Bahnhöfen Jocketa (ca. 1,4 km) bzw. Barthmühle (ca. 1,8 km, steiler Anstieg!) zu erreichen. Wer abgeholt werden muss, möchte bitte Kontakt aufnehmen.

Ankunftszeiten Vogtlandbahn nach altem Fahrplan:
Jocketa aus aus Richtung Zwickau/Reichenbach: 9.02 / 10.15 Uhr
Jocketa aus Richtung Oberes Vogtland/Plauen: 9.45 Uhr
Barthmühle aus Richtung Gera/Greiz: 9.58 Uhr
Barthmühle aus Richtung Weischlitz: 10.00 Uhr
Der Fahrplan wechselt am 10.06.2007! Neue Zeiten bitte erfragen!

Tagungsort / Übernachtungsmöglichkeit:

„Landhotel Alt-Jocketa“
Jocketa, Dorfaue 1
08543 Pöhl/Vogtland

Tel. 037439 – 6254; Fax 037439 – 6688
Mail: info[at]landhotel-altjocketa.de
Web: www.landhotel-altjocketa.de
Pensionszimmer mit Frühstück: EZ 39,- €, DZ 34,- € p.P., HP 10,- €

Veranstaltungshinweis / Erinnerung:

6. Kolloquium zur sächsischen Genealogie am 02.06.2007 in Eibenstock:
"Eibenstocker Familien im 16. Jahrhundert"
Programm: www.lgg-leipzig.de

Bei Interesse bitte bei Andrea Harnisch melden.
Mommsenstraße 18, 08523 Plauen/Vogtl.
Tel. 03741 - 70 97 42
E-Mail: andisto[at]compuserve.com

Samstag, 19. Mai 2007

Artikel: Exulantenschicksale im Vogtland

Gefunden in den Büchern von Schöneck und Klingenthal:
Ausgewählte Exulantenschicksale – was alte Aufzeichnungen verraten


Nachfolgender Artikel erschien in "Riedelhofgespräche", Heft 1. Herausgeber: Riedelhof Eubabrunn, Landschaftspflegeverband "Oberes Vogtland"

Unter diesem Titel wurde am 04.06.2005 im Rahmen des 13. Jahrestreffens der vogtländischen Familienforscher in Eubabrunn ein Vortrag zur Exulantenproblematik im Kirchspiel Schöneck/Klingenthal gehalten. Durch die Erstellung eines Familienbuches für das Kirchspiel Schöneck konnten einige interessante Entdeckungen gemacht werden, die vorher n
och nicht bekannt waren. Im Folgenden werden die Hauptinhalte des Vortrags nochmals dargelegt.

Das Kirchspiel Schöneck im oberen Vogtland umfasste bis zur kirchlichen Selbständigkeit Klingenthals 1635 auch das waldreiche Gebiet östlich der Stadt zwischen der böhmischen Grenze und dem Besitzungen der Stadt Falkenstein. Bis zur Gründung des nahe der Gr
enze gelegenen Hammerwerkes im Jahre 1591, dem Hellhammer, war diese Gegend praktisch unbesiedelt. Nur eine Straße verband die Städte Schöneck in Vogtland und Graslitz in Böhmen. Der Zwotahammer mit der dazugehörigen Mühle weiter westlich bestand zu dieser Zeit schon einige Jahrzehnte, lag aber viel näher an Schöneck als der abgelegene Hellhammer mit der dazugehörigen Siedlung. Vor allem Hammerarbeiter, Köhler und Bergleute wohnten hier, deren familiäre Beziehungen vor allem nach Graslitz wiesen, wo der Bergbau bereits seit Jahrzehnten florierte.

Dieser neu gegründete Ort sollte Durchgangsstation und neue Heimat für viele Exulanten werden, die Böhmen in den Jahren nach dem erstmaligen Erlass kaiserlicher Ausweisungsdekrete 1621 den Rücken kehrten und sich eine neue Heimat in den angre
nzenden protestantischen Ländern suchten. Bereits im Jahr 1604 lassen sich einige Familien (Puggel, Saßler, Altenhauser) aus Kärnten in der näheren Umgebung nieder, die auf betreiben der Jesuiten das Land verlassen mussten. So ist zwischen 1621 und 1628 ein Hans Müldeller aus Tirol nachweisbar. Er arbeitet im Hellhammer als Bergmann und lässt drei Kinder taufen. Wolff Brand, ebenfalls aus Österreich, lässt sich im Hellhammer als Schneider nieder. Abraham Altenhauser, der bereits 1604 in Markneukirchen nachweisbar ist, wohnt später in Graslitz und zieht schließlich nach Klingenthal um, wo er umfangreichen Bodenbesitz erwirbt und dort mindestens zwischen 1627 und 1647 lebte. Im Lehnsbuch des Waldgutes Klingenthal von 1647 wird angegeben, dass er „von Lindt aus dem Landt zu Kerndten“ stammt. Von dieser frühen Exulantenbewegung wird das obere Vogtland relativ wenig berührt, weit bedeutender waren die späteren Exulantenströme aus dem benachbarten Böhmen.

Nach der Schlacht am Weißen Berg bei Prag und der Hinrichtung d
er Anführer des Aufstandes 1620 war Kaiser Ferdinand II. die nötige Macht gegeben auch in Böhmen die Gegenreformation zu beginnen. Vorher wäre jeder derartige Versuch am Widerstand der Stände gescheitert. In den Jahren 1621 und 1624 erfolgte der Erlass von Ausweisungsdekreten für evangelische Geistliche, erst 1628 auch für die Pastoren Johann Kretschmar und Christian Georgi in Graslitz, die unter dem Schutz der Freiherren von Schönburg bis dahin unbehelligt geblieben waren. In Klingenthal, oder wie Pfarrer Olza schreibt „in der Hella“, finden sich in den Jahren ab 1626 eine ganze Anzahl vertriebener Geistlicher, die mit ihren Familien das Land verlassen haben und dort zumindest vorübergehend eine Bleibe fanden. So erscheinen im Kirchenbuch von St. Georg Schöneck:

• Philipp(us) CANISIUS, ein „vertriebener prediger auß Böhem in der Hella bey bock Girgn (= Georg HAMM) zur herbrig“
Er lässt 1626 seine Tochter Sebilla und 1629 seinen Sohn Iohann Christoph taufen, 1631 ist seine Ehefrau als Patin erwähnt.


• Die Brüder Josua und Benjamin REICHE, beides Pastoren
Ersterer war wie Philipp CANISIUS 1628 ebenfalls bei Georg HAMM untergebracht, sein Bruder Benjamin aus „Schwannebergk“ bei Albert SPENGLER
Im Dezember 1628 stirbt der Sohn des Benjamin R., de
r „kranck auß Böhem an heims in Klingenthall zu Albert Spengler kommen, da der vater zur herbrig gewesen“ und kurz darauf das erst ein Jahr alte Söhnlein von Josua R. Beide werden auf dem neuen Friedhof von Klingenthal bestattet, Olza bemerkt es „haben also beyde herrn brüder als exules, mit Jhren beyden söhnen, alda den newen Gottsacker ein weyhen müssen“.

• David TROLL, gewesener Pfarrer in Bleistadt, er stirbt als
„exul chri“ 1629 in Klingenthal und wird am 15.12.1629 dort bestattet

• Johann BORSCHIUS, ein „vertriebener pfarrherr auß Böhem itzo in Klingenthall“ der dort am 29.05.1630 die Zwillinge Adam Friedrich und Johann Georg taufen lässt.

• Johann WALDTMAN, der Pfarrer in „Sonnebergk“ war und 1638 als „Paedagogus“ des Oberförsters Georg GEYER in Schöneck stirbt.

Nach dem Weggang der Pfarrer Kretschmar und Georgi wurden die Taufen in Graslitz vom Kantor vorgenommen, die Trauungen erfolgten auf sächsischer Seite in Klingenthal. Es wurden auch Überlegungen angestellt, ob nicht auf sächsischen Boden eine neue Kirche für die Graslitzer errichtet werden und die Betreuung der Gemeinde von Klingenthal aus geschehen könnte, allerdings wurde dieser Plan bald wieder aufgegeben.

die alte Graslitzer Kirche

Als 1653 Graslitz einen eigenen katholischen Geistlichen bekam, wurden die kirchlichen Handlungen wieder dort durchgeführt, jedoch gingen auch nach dessen Amtsantritt die evangelischen Einwohner nach Klingenthal zum Gottesdienst. Etwa 1400 bis 1500 waren es nach Schätzung des Klingenthaler Richters zu Weihnachten 1657.

Ein Beispiel für eine Exulantenfamilie die sich in Klingenthal niederließ sind die Reinholds und obwohl das erste Kirchenbuch 1635 – 1695 fehlt lassen sich doch eine ganze Reihe interessanter Details aus anderen Quellen entnehmen. Um 1628 dürfte Christoph Reinhold (auch Reimell oder Reindell geschrieben) mit seiner Frau Margaretha und anderen Exulanten nach Klingenthal gekommen sein, das Klingenthaler Lehnsbuch von 1647 führt ihn auf als „gewesener Herrenmüller zu Eger“. Interessanterweise wird auch im Kirchenbuch Brambach ein Herrenmüller Reinel erwähnt, der am 23.02.1618 seine Tochter Susanna taufen lässt. Am 1. Februar 1630 erwirbt er für „zweyhundert zehn Gulden Kayserischer Münze“ den Platz der alten Hammerhütten um eine Mühle neu zu errichten, er scheint also nicht mittellos aus Böhmen gekommen zu sein. An gleicher Stelle brannte 1628 das Hammerwerk ab und wurde nicht wieder aufgebaut. Zur Mühle gehörte auch ein Garten, eine Öhlmühle und das Recht zur Nutzung des Mühlteiches.

Mühlteich und Mühle (oberhalb des "th" von "Oberklingenthal")

Wann Christoph Reinhold starb ist nicht bekannt, 1647 wird sein Sohn Matthäus Reinhold bereits als Müller aufgeführt. Er bewirtschaftete die Mühle mindestens bis 1661 oder 1668 und übergab sie dann seinem gleichnamigen Sohn Matthäus, der 1673 letztmalig in Klingenthal nachweisbar ist. Seine Tochter Regina heiratet 1669 Adam Schnürer aus Brambach und zog dorthin um. Im Jahre 1672 brannte die Mühle ab, die Familie ging wohl daraufhin aus Klingenthal weg. Möglicherweise wohnten sie eine Zeitlang bei ihrem Schwager Adam Schnürer, denn Catharina Reinhold heiratet ebenfalls in Brambach 1680 Johann Caspar Baumgärtel und ihr Bruder Matthäus und seine Frau Eva Maria geb. Frank aus Markneukirchen lassen dort im selben Jahr seinen Sohn Johann Adam taufen.

Die Klingenthaler Mühle 1723

Mit diesem Taufeintrag 1680 endet vorläufig die Geschichte der Klingenthaler Reinhold-Müller nach drei Generationen, über den weiteren Verbleib des Matthäus ist leider nichts bekannt.

Fast alle Exulanten in hiesiger Gegend kamen aus Böhmen bzw. vereinzelt aus Österreich, allerdings nennt das Kirchenbuch Schöneck auch Ausnahmen, wie z. B.:

• Andreas Fischer, Exulant aus Berlin, kommt um 1670 mit seiner Frau Gertrud nach Schöneck. Laut dem Bürgerbuch Berlin ist er von Malchow gebürtig. Zwei seiner Kinder sind in Schöneck nachweisbar.

• Claus Stöhr, ein Exulant vom Henneberger Land, lässt 1639 seine Tochter Eva in Schöneck taufen.

Im Laufe der Arbeit am Familienbuch Schöneck wurde sehr deutlich, dass eine umfassende Auswertung aller zur Verfügung stehenden Quellen zwar aufwändig ist, aber auch viele neue Fakten liefert die vorher nicht bekannt waren. Insofern kann man hoffen, dass auch in Zukunft bisher unbekannte Aspekte der Exulantenproblematik aufgegriffen und erforscht werden können.

Literatur:

Dörfel, K. E.: „Geschichte der Orte des Amtsgerichtsbezirks Klingenthal“, Klingenthal 1930, Reprint 1991

Müller, A.: „Blicke in die Vergangenheit Klingenthals und des gleichnamigen Amtsgerichtsbezirks“, Leipzig 1897

Patzschke, M. u. a.: „Familienbuch für Brambach im Vogtland 1587 – 1722“, Schriften der Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig, 1997

Riedl, A.: „Die Gegenreformation in der Herrschaft Graslitz von 300 Jahren (1621 bis 1721)“, Festschrift zum 7. Heimatkreistreffen der Graslitzer 1972 in Aschaffenburg, Kolb-Verlag Dettingen

Wolf, K. A.: „Geschichtliche Nachrichten über das Klingenthaler Kirchspiel“, Eibenstock, Band I 1837, Band II 1862

Nachtrag:

Meine Recherche zur Familie Reinel/Reinhold endete mit dem Jahr 1680, von Herrn Helmut Klaubert erhielt ich jedoch noch eine interessante Ergänzung. Am 21.02.1682 heiratet in Arzberg Christoph Reinel, Mühlknecht aus Oberklingenthal, Katharina Nothaft. Später ist er Müllermeister in Korbersdorf bei Arzberg.

Hallo Welt!

Willkommen bei Ahnenforschung Vogtland!

Mein Name ist Christian Passon und ich beschäftige mich seit etwa sechs Jahren mit Familienforschung, vielleicht kennen mich manche aus den Mailing-Listen von Ahnenforschung-Vogtland bzw. Sachsen. In diesen sechs Jahren haben sich eine Menge Daten angesammelt und auch viele Kontakte zu anderen Forschern ergeben, mit denen ich gemeinsame Ahnen habe. Das Blog gibt mir eine gute Gelegenheit über meine aktuellen Forschungsschwerpunkte zu berichten.

In Zukunft werde ich daher den ein- oder anderen Beitrag rund um die Familienforschung meiner eigenen Vorfahren bzw. allgemeine familien- und ortsgeschichtliche Beiträge veröffentlichen. Geographischer Schwerpunkt ist dabei das Vogtland, sowie angrenzende Gebiete (Erzgebirge, thüringisches und bayerisches Vogtland, Ascher Ländchen, u. s. w.).

Mein persönlicher Forschungsschwerkunkt ist das obere Vogtland (Gegend um Schöneck, Klingenthal, Markneukirchen, Adorf), ich schreibe an einem Familienbuch für das Kirchspiel Schöneck und an einer Festschrift für das 600jährige Ortsjubiläum des Dorfes Gunzen, das 2009 begangen wird.

Gerne nehme ich auch Gastbeiträge an, bei Interesse einfach mal bei mir anfragen.